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Offener Brief des Runden Tisches Klimanotstand Aachen an die Politiker*innen der Stadt Aachen

Zurzeit überdeckt die berechtigte Sorge um die ökonomischen und soziapolitischen Negativfolgen der Corona Pandemie die auf uns zukommenden Probleme einer noch viel größeren Krise. In der Stadt Aachen sind aktuell und auch noch in den nächsten Monaten viele Kräfte in der Bekämpfung dieser Pandemie eingebunden. Dennoch darf die Debatte um notwendige globale aber auch regionale Resilienzstrategien zur Vermeidung und/oder Abfederung des rasant voranschreitenden Klimawandels nicht hintenangestellt werden. Die Gefahr, dass sich die Klima- und Umweltkrise bei weitem drastischer, dauerhafter und komplexer – nicht zuletzt auch auf unsere Region –  auswirken wird als die Folgen der Corona-Krise, wächst mit jedem weiteren, für den Klimaschutz ungenutzten Zeitfenster.

Die Corona Krise zeigt, dass sowohl die Bundesregierung wie auch die Kommunalpolitik sehr handlungsfähig im Falle einer Krisenbewältigung auftreten können. Im Hinblick auf die Klimakrise besteht also Hoffnung, dass mit einer rechtzeitigen und politisch konsequent angegangenen Krisenbekämpfung auch das klimatische worst case Szenario abgemildert und vielleicht global und/oder regional noch beherrschbar bleiben könnte. Doch um die ökologischen Folgen einer jahrzehnterlangen expansiven, extraktivistischen und ressourcen-übernutzenden Wirtschafts- und Lebensweise noch abzufangen, dürfen wir nicht länger warten, bis auf globaler, europäischer oder bundesparlamentarischer Seite die erforderlichen Gesetze und Handlungsanweisungen erfolgen, die das Ruder zugunsten eines effektiven Klima- und Umweltschutzes rumreißen könnten. Zumal sich gerade in diesen politischen Entscheidungsebenen aktuell wieder die alten Lobbykräfte einklinken, die beispielsweise mit Abwrackprämien für die Automobilindustrie oder der staatlichen Rettung von Fluglinien genau dort fortfahren möchten, wo die Klimakrise u.a. ihren Anfang nahm bzw. ihre Wurzeln hat.

Die Corona Krise führt uns ebenfalls sehr deutlich vor Augen, welche Bereiche unserer Wirtschaft und insbesondere unserer Versorgungsstrukturen essentiell für das Funktionieren unserer Gesellschaft sind. Dies zeigt sich u.a. in der stark gesteigerten Wertschätzung dieser Bereiche. Es zeigt sich aber auch, dass ein zielgerichtetes und suffizientes Wirtschaften anstelle eines auf ungebremsten Konsum ausgelegtes Wirtschaften die Chance zur Entwicklung einer bedarfsorientierteren und resilienteren Regionalökonomie beinhaltet.

Die politischen Hebel zur Lösung sowohl der sich jetzt anbahnenden, Corana-bedingten Wirtschaftsprobleme als auch der Klima- und Umweltkrise können nicht nur auf den bundes- und landesparlamentarischen Entscheidungsebenen betätigt werden. Die Städte und Gemeinden haben ebenfalls sehr wirkmächtige Hebel zur Verfügung, um diesbezügliche zukunftsweisende Weichenstellungen vorzunehmen. Angesichts des immer enger werdenden Zeitfensters für einen erfolgreichen Klima- und Umweltschutz sind die politischen Entscheidungsträger*innen in den Städten und Gemeinden dringend aufgefordert, gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft jetzt und sofort Klima- und Umweltschutzstrategien zu entwickeln und sehr zeitnah umzusetzen.

Gemeinsam mit vielen sich in Aachen engagierenden zivilgesellschaftlichen Organisationen appelliert der Runde Tisch Klimanotstand Aachen eindringlich an die Politiker*innen und Verwaltungsangestellten der Stadt Aachen, den immer dringlicher werdenden Klima- und Umweltschutz mit dem Aufbau einer nachhaltigen Regionalwirtschaft zu verbinden und ein ökologisches Wirtschaftskonzept in Anlehnung eines kommunalen Green New Deals zu erarbeiten und zu implementieren. Der Grundgedanke des „Green New Deal“ lässt sich in vielen Facetten auf die regionale Wirtschaft und das regionale Leben abbilden und entsprechend modifizieren.

Was heißt dies konkret für die Politik der Stadt Aachen? Der bereits vom Runden Tisch Klimanotstand Aachen erarbeitete und der Stadt ausgehändigte klimapolitische Maßnahmenkatalog zum Schutz des Klimas und der Umwelt für die Bereiche Energieerzeugung und –versorgung, Stadtentwicklung, Partizipation sowie zirkuläre Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft ist unbedingt und unmittelbar in allen weiteren Wirtschaftsförderungsprogrammen und Stadtentwicklungskonzepten der Stadt Aachen zu berücksichtigen. ( Massnahmenkatalog )

Darüber hinaus sind alle regionalpolitisch anvisierten und nicht zuletzt im Zuge der Corona Krise wahrscheinlich verstärkt notwendig werdenden Wirtschaftsförderungsprogramme auf den öko-soziologischen Transformationsprozess und insbesondere auf die Klimaschutzziele auszurichten. Mittel aus den in Aussicht gestellten Konjunkturförderprogrammen dürfen ausschließlich unter einem Nachhaltigkeitsvorbehalt vergeben werden, um so aus Konjunkturförderungsprogrammen zukunftsorientierte Strukturförderprogramme zu machen.

Alle in der Planung befindlichen Wirtschaftsprogramme sind daraufhin abzutasten, ob sie im Sinne des Klima- und Umweltschutzes positive Effekte erzielen können. Andernfalls sind diese Programme nachzujustieren oder ggfs. zu verwerfen.

Insgesamt wäre es sehr zu begrüßen, wenn die Stadt Aachen mehr Inspiration zur Erreichung der Klimaschutzziele wie auch der Entwicklung einer zirkulären Regionalwirtschaft aus der Zivilgesellschaft zulässt und konstruktive Gestaltungsideen stärker in ihre kommunalpolitischen Entscheidungen einbezieht.

Der Aufbau einer wirtschaftlich resilienteren, da regional stärker ausgerichteten Wirtschaft mit möglichst zirkulären Wertschöpfungsketten ist hier einer der Ansatzpunkte für die Stadt Aachen. Diese regionale Wirtschaft muss selbstredend klimaneutral, ökologisch und ressourcenschonend – also sprich umfassend nachhaltig funktionieren.