Statement des Eine Welt Forums Aachen zur aktuellen Diskussion um die Filmreihe des Arbeitskreises Nahost
Das Eine Welt Forum Aachen e.V. setzt sich, wie auch seine Mitgliedsgruppen, seit Jahrzehnten für globale Gerechtigkeit, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung ein. Unsere Arbeit basiert auf den Prinzipien von Solidarität, gegenseitigem Respekt und dem klaren Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten.
Irritiert haben wir die aktuelle, in der Öffentlichkeit ausgetragene Diskussion um die abgesagte Filmreihe zur Situation in Palästina wahrgenommen, die in Kooperation mit den Betreibern des Aachener Apollo-Kinos, von unserer Mitgliedsgruppe Arbeitskreis Nahost und der Aachener Palestine Solidarity Alliance organisiert worden ist. Hintergrund der Absage der Filmreihe durch die Kinobetreiber ist das Auftauchen eines Plakates während einer Demonstration für die Einhaltung der Menschenrechte in den palästinensischen Kriegsgebieten. Dieses Plakat zeigt Opfer des Holocausts neben Zivilopfern des aktuellen Krieges in Gaza und stellt somit eine assoziative Gleichstellung zwischen diesen beiden Situationen dar. Das zu Recht kritisierte und mit den Organisatoren der Demonstration nicht abgestimmte Plakat ist aus unserer Sicht nicht nur deplatziert, sondern inakzeptabel. Solche Darstellungen schaden der notwendigen, kritischen Auseinandersetzung mit der Realität in den aktuellen Konflikt-Gebieten und verfälschen zudem die historische Aufarbeitung der antisemitischen Holocaust-Strategien während des Nationalsozialismus.
Wir als Eine Welt Forum Aachen distanzieren uns klar und unmissverständlich von jeglicher Form von Antisemitismus, Holocaustverharmlosung und Geschichtsrevisionismus. Gleichzeitig möchten wir betonen, dass dies ebenso für jede andere Form von Menschenrechtsverletzungen gilt – sei es Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus oder jede andere Form von Diskriminierung.
Es ist uns wichtig zu betonen, dass die betroffenen Gruppen, darunter der mit uns zusammen arbeitende Arbeitskreis Nahost, sich bereits ebenfalls deutlich von diesem Plakat distanziert haben und dieses nicht im Rahmen ihrer Veranstaltungen oder in ihrem Auftrag entstanden ist. Es handelt sich hierbei um einen Vorfall, der mit der Filmreihe als solcher nichts zu tun hat und dennoch deren Fokus auf die Menschenrechtssituation in der Region überschattet.
Wir bedauern zutiefst, dass dieser Vorfall zu einer Eskalation in der öffentlichen Diskussion geführt hat, in der nicht nur die verantwortliche Einzelperson, sondern auch die engagierten Gruppen und Institutionen in die Ecke der Antisemiten und Holocaustverharmloser gerückt werden. Die hierbei entstandene mediale Dynamik treibt ein weiteres Mal einen Keil in die Gesellschaft, verstärkt Polarisierungen und verhindert einen konstruktiven und auf Friedenslösungen ausgerichteten Dialog, der in sensiblen Themen, wie diesem so dringend nötig ist.
Wir als 1wf hätten uns gewünscht, dass Vorwürfe, wie „Antisemitismus“ oder „Holocaustverharmlosungen“ zunächst direkt an die betroffenen Gruppen und mit diesen besprochen worden wären, bevor Polizei, Verfassungsschutz und die breite Öffentlichkeit eingeschaltet werden. Eine solche Vorgehensweise hätte die Möglichkeit geboten, gemeinsam, als geeinte Akteur:innen – darunter das Eine Welt Forum, der Arbeitskreis Nahost, die Palästinagruppe und das Apollo Kino – Stellung zu beziehen. Dadurch hätten wir ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus und Holocaustverharmlosung setzen können, ohne dabei den Eindruck einer zerstrittenen und gegeneinander arbeitenden Zivilgesellschaft zu erwecken. Gemeinsam hätte man dazu beitragen können, erneut ein klares Zeichen der Solidarität mit den Opfern des barbarischen Hamas-Terrors am 07.Oktober 2024 zu setzen sich gleichzeitig für die Einhaltung der Menschenrechte in den aktuellen palästinensischen Kriegsgebieten engagieren zu können.
Darüber hinaus hätten wir uns gewünscht – und wünschen uns dies auch für zukünftige Meinungskonflikte –, dass die Prinzipien des Pluralismus, die eine der wichtigsten Grundlagen unserer Demokratie sind, stets im Auge behalten werden. Es sollte möglich sein, das Vorgehen der gegenwärtigen israelischen Regierung gegen die palästinensische Zivilbevölkerung kritisch zu hinterfragen und zu diskutieren, ohne dass eine solche Kritik pauschal als antisemitisch diffamiert wird. Kritik an staatlichem Handeln muss – unabhängig davon, welche Regierung gemeint ist – in einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft legitim sein, solange sie sachlich bleibt und nicht in Hass oder Diskriminierung abgleitet.
Unsere Arbeit basiert auf Dialog, gegenseitigem Verständnis und der Überzeugung, dass Polarisierung und gegenseitige Verurteilung keine Lösungen bringen, sondern bestehende Gräben vertiefen. Wir rufen daher dazu auf, bei sensiblen Themen den Weg des Gesprächs und der Zusammenarbeit zu suchen. Nur so können wir gemeinsam für eine gerechtere, respektvollere und menschenwürdigere Welt eintreten.