Rahmenprogramm des Weltfestes 2024: Frauen in Iran – eine Bestandsaufnahme
Das Eine Welt Forum Aachen lud am 4. Juli 2024 zum Abschluss in seinem Weltfestprogramm 2024 „Frauen gestalten den Wandel: mutig – kraftvoll – nachhaltig“ zu seiner Veranstaltung „Frauen in Iran – eine Bestandsaufnahme“ in die Aula im Welthaus Aachen ein. In einer bewegenden Darstellung stellte Mariam Claren von HÁWAR help die Situation der regimekritischen Frauen, aber landesweit auch Männer, in Iran dar.
Zu Beginn zeigte Frau Claren anschaulich auf, welchen diskriminierenden Gesetzen die iranischen Frauen seit der Machtübernahme durch das Islamische Regime 1979 unterworfen sind: Es sind nicht nur die restriktiven islamischen Bekleidungsvorschriften, sondern auch die diskriminierenden juristischen Benachteiligungen wie beispielsweise das Frauen benachteiligende Erbrecht oder die notwendige Ausreisegenehmigung durch den Ehemann, die den Alltag der iranischen Frauen nachhaltig prägen. Die Referentin verwies darauf, dass schon seit Beginn der Islamischen Revolution sich immer wieder Frauen gegen diese Diskriminierung gewehrt haben. Der Widerstand 2022/23 „zan-zendegi-azadi“ unterschied sich von diesen „Vorgängern“ durch seine besondere Qualität: er war nicht nur sozial, ethnisch, regional und in Bezug auf die Altersstruktur sehr umfassend, sondern die Forderungen beschränkten sich nicht auf Reformen innerhalb des herrschenden Machtapparates, sondern forderten dessen Sturz. Dass dieses Ziel nicht erreicht werden konnte, lag unter anderem an den Repressionen des Regimes, welches menschenverachtend und brutal gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten vorging. Selbst aktuell werden immer noch Teilnehmer an den Demonstrationen hingerichtet. Frau Claren verwies zudem darauf, dass ein weiterer Faktor, der insgesamt den politischen Widerstand im Iran schwächt, darin zu sehen ist, dass führende Mitglieder des Widerstandes inhaftiert sind bzw. in der Vergangenheit ebenfalls hingerichtet wurden.
Am Beispiel ihrer Mutter, der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die seit vier Jahren in Teheran im Evin-Gefängnis einsitzt, schilderte Frau Claren sehr eindrücklich die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen, vor allem für politische Häftlinge. Einzelhaft, physische, psychische und sexualisierte Foltermethoden werden regelmäßig angewendet, um den Widerstand der Inhaftierten zu brechen. Vor allem junge Mädchen und Frauen leiden noch lange nach Haftentlassung vor allem unter den Folgen von Vergewaltigungen, die sie während der Haft erlitten haben. In einigen Fällen führte dies sogar zum Selbstmord junger Frauen.
Auch wenn die Widerstandsbewegung im vergangenen Jahr ihr Ziel, den Sturz des Regimes, nicht erreicht hat, so hat sie doch viele, vor allem junge Frauen, motiviert sich in der Öffentlichkeit beispielsweise dem Kopftuchzwang zu widersetzen. Das Regime seinerseits ist nicht in er Lage, angekündigte Repressionen durchzusetzen, da die große Mehrheit der iranischen Zivilbevölkerung ihre Unterstützung verweigert. Dies zeigt sich auch in einem weiteren Beispiel des zivilen Ungehorsams, nämlich der Verweigerung der überwältigenden Mehrheit der iranischen Bevölkerung hinsichtlich der Parlamentswahlen im Frühjahr – die Beteiligung lag weit unter dem offiziellen und geschönten Wert von 42 Prozent.
Zuletzt ging Frau Claren noch auf die aktuellen Präsidentschaftswahlen und auf den in den westlichen Medien als gemäßigt „verkauften“ Kandidaten Massoud Peseshkian ein. Sie schätzt ihn weder als gemäßigt oder gar liberal ein, sondern als ein „Mann des Regimes“, von dem sich die Menschen, und speziell die Frauen, im Iran keine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen oder gar geringere Repressionen erwarten dürften. Seine positive Darstellung in den deutschen Medien sei jedoch den politischen und ökonomischen Interessen Deutschlands geschuldet, denn sie bilden die „moralische Basis“ für die Fortführung der guten wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Islamischen Regime.
In der anschließenden Diskussion drückten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung ihre Solidarität mit den iranischen Frauen aus. Frau Claren bat darum, weiterhin die iranische Oppositionsbewegung im Iran wie auch im Ausland zu unterstützen. Denn diese Unterstützung aus dem Ausland – verbreitet über die sozialen Medien – wird von den Menschen im Iran als sehr motivierend wahrgenommen. Dieser Bitte kamen die Besucherinnen und Besucher gerne durch ein Foto zur Veröffentlichung in den sozialen Medien nach, in welchem sie ihre Solidarität zum Ausdruck brachten.